Einführung von Christoph Schlingensief
„Mensch, Mami, wir drehn ´nen Film“ (1977)
„Die 120 Tage von Bottrop“ (1997)
galerie peripherie im Sudhaus/Tübingen
26.03.1998, 20 Uhr
“… Fest steht aber auch, daß ein Film wie “Die 120 Tage von Bottrop” durchaus nicht nur ein Kettensägenmassaker am guten, bildungsbürgerlichen Geschmack ist. Seinem etwas eitel zur Schau gestellten Dilletantismus zum Trotz handelt es sich vielmehr um einen zwar vertrackten, künstlerisch aber höchst ernstzunehmenden Kommentar zum deutschen Filmschaffen zwischen Riefenstahl und Wortmann mit Schwerpunkt Fassbinder (dessen Lieblingsschauspieler, soweit noch am Leben fast komplett vertreten sind).
Leute unter 30 sehen da vielleicht alt aus: Gewiß: Wer mit “Sönke Buckmann” (dem Regisseur des Films im Film) gemeint ist, kann man wissen. Wenn im weiteren Verlauf jedoch “Martha” (ein Fassbinder-Film von 1973), “Immensee” (ein Veit-Harlan-Film von 1943) oder “Das blaue Licht” (ein Leni-Riefenstahl-Film von 1932) als Zitate vorbeihuschen, nützt der ganze Spaß am Tabubruch nix. Selbst das Titelvorbild, Pasolinis “Die 120 Tage von Sodom”, wird man heutzutage nicht unbedingt als Allgemeinbildungsgut voraussetzen dürfen. Da kommt man dann leicht zu einem (Fehl-) Urteil wie der katholische “Filmdienst”: “langweilig und unausgegoren”. Daß dennoch fast niemand vor dem Abspann aus dem Saal stürmte und am Ende sogar schüchterner Beifall aufbrandete, spricht für die Neugier und Kompetenz der Zuschauer.
Der eigentliche Renner des Abends war aber der Meister persönlich. Zwar scheiterte der überfällige Tübingen-Besuch Schlingensiefs wieder einmal an dessen anderweitiger Hyperaktivität, aber immerhin konnte ihm der eigens nach Berlin gejettete Christian Tünnemann, der für die Galerie “peripherie” den Filmabend organisierte, ein Videotape abluchsen, auf dem der Regisseur exklusiv fürs Sudhaus-Publikum in sein Frühwerk “Mensch Mami, wir dreh´nen Film” einführte. …” (Klaus-Peter Eichele, Schwäbisches Tagblatt Tübingen)
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